KÜNSTLERVEREIN WALKMÜHLE

Ausstellung »ANGST – Krisenindikator oder Überlebenstrieb?«
Exhibition »ANGST - crisis indicator or survival instinct?«

–> Ausstellungs-Webseite / Exhibition website





Künstlerinformation / Artist information (translation below)


Anne Sommer-Meyer

www.anne-sommer-meyer.de


»6 Studien zu Munch: Der Schrei«, 2015-2022

Seife auf Holz, je 15 x 15 cm






Eine kleine Arbeit von Anne Sommer-Meyer erscheint fast abstrakt. In kleinen schwarzen Kästchen hat sie sechs Stück Seife geschnitzt. Auf der Diagonalen des Seifenwürfels erscheinen zwei kleinere Löcher oben und ein größeres unten. Diese minimalen Eingriffe erlauben es, in dem weichen, farbigen Material ein Gesicht zu erkennen, das mit weit aufgerissenem Mund laut (oder tonlos?) schreit. Die Künstlerin bezeichnet die Stücke als »Studien zu Munch« und zitiert damit den »Schrei« als ein Urbild der Moderne.

Ihr Diptychon hingegen zeigt zwei Kinderkleidungsstücke – ein Mützchen und ein Jäckchen, wie man sie anno dazumal benutzte. Beide altmodisch in der Anmutung, passend zu einer Zeit, so um die 1920-er, 30-er, 40er-Jahre. Geschaffen, um Babys warmzuhalten, schwache, wehrlose Geschöpfe. Vor schwarzem Hintergrund zu sehen, erscheinen beide Kinderkleider metallisch. Die Titel sind ironisch beißend mehrdeutig: »Süddeutsche Erstausstattung – Paradeuniform Schutzhelm« und »– Paradeuniform Kugelsichere Weste (Kettenhemdchen)« Die »Erstausstattung« des Neugeborenen wird mit militärischen Begriffen zusammengebracht. Der »Schutzhelm« und die »kugelsichere Weste« verweisen auf Kampfhandlungen und Soldatentum. Die Fotos sind doppelbödig – man könnte sie historisch lesen als einen Verweis auf die perfide Absicht der NS-Herrschaft, Kinder heranzuzüchten, die als Soldaten in Armeen verheizt werden konnten. Die Nazipropaganda hat Erziehungsmethoden popularisiert, die Kinder, auch die Kleinsten schon, abhärten sollten und auf Entberhung, Kampf und Sieg vorbereiteten. Gleichzeitig bringen diese Kinderkleider aber die Bedrohung der Kleinsten zum Ausdruck. Historisch waren das die Bombenangriffe der Alliierten in den 1940er-Jahren. Kinder waren größten Gefahren ausgesetzt, und ihre Mütter hätten sich sicher Schutzkleidung für sie gewünscht. Wie sehr Kinder und Jugendliche durch den Bombenterror des Zweiten Weltkrieges traumatisiert wurden, rückt erst ganz langsam ins Bewusstsein. Aber Kinder, die im Krieg in Bombenkeller flüchten müssen, Haus, Heim, Familie und das Leben verlieren, das ist leider bittere Lebensrealität, in allzu vielen Ländern.



A small work by Anne Sommer-Meyer appears almost abstract. In small black boxes, she has carved six pieces of soap. On the diagonal of the soap cube appear two smaller holes at the top and a larger one at the bottom. These minimal interventions make it possible to recognise in the soft, coloured material a face that screams loudly (or tonelessly?) with its mouth wide open. The artist refers to the pieces as »studies of Munch« and thus cites the »scream« as a prototype of modernity.

Her diptych, on the other hand, shows two pieces of children's clothing - a little cap and a little jacket as they were used in those days. Both old-fashioned in appearance, in keeping with the 1920s to 40s. Created to keep babies warm, weak, defenceless creatures. In front of a black background, both children‘s garments appear metallic. The titles are ironically ambiguous: »South German basic equipment – parade uniform protective helmet« and »parade uniform bulletproof waistcoat (chain mail)«. The »basic equipment« of the newborn is brought together with military terms. The »safety helmet« and the »bulletproof vest« refer to combat and soldiery. The garments are ambiguous – one could read them historically as a reference to the perfidious intention of the Nazi regime to breed children who could be used as soldiers in armies. Nazi propaganda popularised educational methods that were intended to harden children, even the youngest ones, and prepare them for conquest, battle and victory. At the same time, however, these children‘s clothes express the threat posed to the tiniest ones. Historically, these were the Allied bombing raids in the 1940s. Children were exposed to the greatest dangers, and their mothers would certainly have wanted protective clothing for them. The extent to which children and adolescents were traumatised by the bombing terror of the Second World War is only slowly coming to light. But children who have to flee to bomb shelters in war, lose their homes, their families and their lives, that is unfortunately a bitter reality of life, in too many countries.





»Süddeutsche Erstausstattung. Paradeuniform Schutzhelm«, 2021

Metall auf Baumwolle, gerahmt ca. 50 x 40 cm




»Süddeutsche Erstausstattung. Paradeuniform Kugelsichere Weste (Kettenhemdchen)«, 2021

Metall auf Baumwolle, gerahmt, ca. 40 x 50 cm





© Künstlerverein Walkmühle e.V.